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TEIL I

DAS GESCHEHNIS UND DIE REAKTIONEN DER ITALIENISCHEN INSTITUTIONELLEN ORGANE


1. DAS GESCHEHNIS

1.1 Operativer Zusammenhang: Bosnien, Jugoslawien und die operative Rolle von der NATO und von Italien

Um eine vollständige Wahrnehmung der das Cermis-Unglück verursachenden Ereignisse zu erlauben, ist es erforderlich, den Zusammenhang synthetisch zu rekonstruieren, in dem der unter Anklage stehende Flug sich entwickelte. Angesichts der Situation im ehemaligen Jugoslawien autorisierte der Rat des Nord-Atlantik im Dezember '95 die Operation Joint Endeavour, durch Erteilung des Auftrags an eine multinationale Einheit von 60.000 Mann (IFOR-Implementation Force), unter der Leitung der NATO, die Wahrnehmung der militärischen Aspekte der Friedensabkommen von Dayton zu sichern, die offiziell das Ende des Krieges bezeichneten (Paris, 14. Dezember '95). Folglich, im Dezember '96, wurde die IFOR durch eine Stabilisierungseinheit (SFOR-Stabilization Force) ersetzt, die aus circa 30.000 Mann bestand. Ab Sommer '98 wird dann dieselbe SFOR eine Übergangsstrategie einsetzen, die zu einer graduellen und progressiven Verringerung der Struktur führen wird, um die Wahrnehmung der zivilen Profile der Abkommen zu bewirken, Strategie die vom NATO-Bündnis im Dezember des selben Jahres übernommen wurde. Bereits ab Januar '98 verlagerte sich, oder besser gesagt verschärfte sich die Spannung im Kosowo so, dass die NATO zur Entscheidung kam, angreifende Flugmissionen gegen vorbestimmte Ziele vom ehemaligen Jugoslawien ab 24. März zu unternehmen.
Diesbezüglich möchte man daran erinnern, dass die Operation SFOR unter dem Namen «Deliberate Guard (DG)», mit dem Zweck der Kontrolle und Überwachung der bosnischen Situation nach Dayton, die IFOR-Operation «Joint Endeavour» ersetzte, welche ihrerseits die «Deny Flight» ersetzt hatte (Flug- und Militäroperation im Raum und Boden vom ehemaligen Jugoslawien, vor den Dayton-Abkommen, die vom 12. April '93 bis zum 20. Dezember '95 insgesamt ungefähr hundertausend Missionen zusammenbrachte, (darunter operative und Ausbildungsflüge, die hauptsächlich im bosnischen Luftraum stattfanden). Die Operation «Deliberate Guard» sollte im Juli '97 abgeschlossen werden, wurde jedoch um ein weiteres Jahr verlängert, angesichts der Bedenklichkeit der bosnischen Situation. Insgesamt, wie vom Chef des Generalstabs der Verteidigung, Gen. Arpino erläutert, hatten die Luftstreitkräfte des Bündnisses ungefähr zweitausend Missionen durchgeführt. Bezüglich der «Deliberate Guard» hatte die Fluggruppe VMAQ-2 vom 22. August '97 bis zum 3. Februar 98, Tag des Unglücks,


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insgesamt 254 Flüge durchgeführt, darunter 164 im operativen Bereich, 69 zur Ausbildung der Staffel und 21 funktionale Kontrollflüge.
Das Cermis-Unglück findet in diesem Zusammenhang statt: als es sich ereignete, war die NATO dabei, eine peace enforcing Kraft in eine peace keeping Kraft in Bosnien umzugestalten.
Um der NATO zu erlauben, ihre Flugmissionen im Balkan mit der erforderten Wirksamkeit durchzuführen, hatte Italien, aufgrund seiner geographischen Lage, die Verfügbarkeit der sich auf dem Land befindenden Luftstützpunkte, mit dem entsprechenden techisch-logistischen Beistand, für alle Abteilungen der Mitgliedstaaten erklärt. Im Stützpunkt Aviano, schon früher Sitz des 31o FW der USAF (Fighter Wing, Jagdbomber-Geschwader mit Flugzeugen F16), hatten sich in der Reihe spanische, englische und auch amerikanische Flugzeuge des US Marine Corps, mit Gruppen von Flugzeugen F18 und EA-6B Prowler abgewechselt. Die operativen Tätigkeiten letzterer sowie die propedeutischen Ausbildungsflüge der NATO-Missionen in Bosnien waren unter der direkten Leitung, in Bezug auf den Einsatz der zugewiesenen Mittel und auf deren taktische Kontrolle, vom CAOC (Combined Air Operation Center) der V ATAF von Vicenza (Allied Tactical Air Force). Andererseits wurden die Ausbildungstätigkeiten derselben Gruppen, jedoch aus anderen Erfordernissen (mit nationalem Gepräge, wie eventuelle Gebrauchsflüge oder Flüge zur technischen Nachprüfung, Umschulungs- und Rehabilitierungsflüge der Besatzungen) den italienischen Behörden bekanntgegeben, durch die Leitung des 31o FW, die den Tagesplan der Flüge abfasste (PGV) und die Übermittlung desselben an die zuständige Behörde veranlassen sollte, zum Zweck der Autorisation.

1.2 Beschreibung des Fluges vom 3. Februar 1998, Aufprall und Folgen

Der Flugplan der Gruppe VMAQ-2 (Marine Tactical Electronic Warfare Squadron 2) vom 3. Februar 1998, der am vorherigen Tag abgefasst wurde, sah als zweites Ereignis einen Ausbildungs-Tiefflug vor, mit der Bezeichnung Mission EASY 01, auf der Strecke AV047 (Standard-Tiefflugplan des 31o FW USAF, Standort Aviano, mit Genehmigung der zuständigen Behörden der Italienischen Luftwaffe), mit einer vorgesehenen Flugzeit von einer Stunde und dreissig Minuten. Dieser Ausbildungsflug war der NATO nicht zuschreibbar; es handelte sich nämlich um eine nationale Mission USA, wie von General Clark, Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Europa, bestätigt wurde, indem er den italienischen Antrag auf Verzicht auf die prioritäre Zuständigkeit ablehnte.
Der Flugplan wurde vom Kommandanten der Fluggruppe, Oberstleutnant R. Muegge, autorisiert und unterschrieben, während die Verantwortung der korrekten Flugführung dem Piloten auferlegt wurde, gemäss dem Handbuch der Standardisierung der operativen und Ausbildungsverfahren der Flugabteilungen der US Marines (NATOPS-Naval Air Training and Operating Procedures Standardization).
Die Besatzung des Fluges EASY 01 bestand aus: Hptm.Richard J. Ashby (mit 482 Flugstunden auf EA-6B, 783,8 insgesamt, 7 Flüge und


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14,5 Flugstunden in den vorigen dreissig Tagen), Pilot und Kommandant des Flugzeuges; Hptm.Joseph P. Schweitzer (998,9 Flugstunden auf EA-6B, insgesamt 1157,5, 8 Flüge und 18,5 Flugstunden im betroffenen Monat), Navigator und Hauptoffizier für die elektronischen Gegenmassnahmen (ECMO1); Hptm.William L. Raney (201,5 Flugstunden auf EA-6B, 368,2 insgesamt, 11 Flüge und 21,9 Flugstunden im betroffenen Monat, ECMO2; Hptm.Chandler P. Seagraves (355,1 Flugstunden auf EA-6B, 523,5 insgesamt, 6 Flüge und 10,7 Flugstunden im betroffenen Monat), ECMO3.
Die gesamte Besatzung war als flugfähig beurteilt, auch wenn der Hptm.Schweitzer Jahre zuvor einige physische Probleme aufgewiesen hatte. Hptm.Seagraves, gerade in Italien für die Einrichtung des Wiedereinsatzes in Aviano seiner Fluggruppe (VMAQ-4) angekommen, wurde in den Flugplan später eingefügt, mit Genehmigung von Oberstleutnant Muegge, nach Erhalt aller vorgesehenen Anweisungen und nach bestandenem Notstandsverfahrens-Test. Die anderen drei Besatzungsmitglieder standen kurz vor der Rückkehr in die Vereinigten Staaten. Insbesondere handelte es sich für Hptm.Ashby um den letzten Flug auf dem Flugzeug EA-6B, da er bei seiner Heimkehr zu einer mit Flugzeugen F18 ausgestatteten Abteilung versetzt werden sollte. Darüber hinaus reichte sein letzter Ausbildungs-Tiefflug auf den 3. Juli '97 zurück.
Nach dem Handbuch NATOPS sollte der Verantwortliche der Mission: die Flugkarten und die Logbücher vorbereiten; den Brennstoffverbrauch programmieren; die Flughinweise für Marineflieger (NOTAMs) kontrollieren; Informationen über die Wetterlage einholen; die Flugpläne nach den geltenden italienischen und amerikanischen Regelungen ergänzen; die Karten über den Leistungsfähigkeits-Zustand des Flugzeuges lesen. Der für die elektronischen Gegenmassnahmen zuständige Offizier ECMO1 war verantwortlich für den Flug, für die Flugsysteme und für die Meldungen und stand dem Piloten beim Einsatz der Waffen bei. Im Notfall war er auch zuständig für die Umplanung von Teilen des Flugplans während der Durchführung der Mission sowie für den Beistand für den Piloten für die korrekte Führung des Sichtfluges. Die Offiziere ECMO2 und ECMO3 hatten, zusätzlich zu den spezifischen Funktionen der elektronischen Gegenmassnahmen, die Verantwortung, zur sicheren Führung des Sichtfluges beizutragen, mit besonderer Aufmerksamkeit auf die Wendungen. Alle ECMO-Offiziere mussten immer das Bewusstsein über den Zustand des Flugzeuges und über das Tätigkeitsmilieu aufrechterhalten und auf den Piloten intervenieren im Fall von Kollisionsgefahr. Die Planung vor dem Flug begann am Nachmittag des 2. Februar, unter der Verantwortung des zum operativen Dienst bestimmten Offiziers (ODO - Operation Duty Officer), Hptm.Recce. Dieser war verpflichtet, den Flugplan zu erhalten und auf den letzten Stand zu bringen sowie die Besatzung mit dem Flugzeug zusammenzustellen. Er war auch verpflichtet, die Risiken festzustellen und zu bewerten (ORM - Operational Risk Management). Es handelte sich um einen vom 2d MAW (Second Marines Air Wing, eine der VMAQ übergeordnete Abteilung)

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entwickelten Plan und, mangels eines formellen Plans, hatte die Gruppe VMAQ-2 aus eigener Initiative ein Merkbuch für die Risikobewältigung ausgearbeitet.
Für die Mission war das Flugzeug EA-6b bestimmt, mit Luftfahrzeugnummer BuNo 163045, bezeichnet als «safe for flight», d. h. flugfähig. Es flog 5,8 Stunden in zwei Flügen im Monat Februar '98, 28,7 Stunden für 14 Flüge im Januar '98 und vom Wiederansatz in Aviano bis zum 3. Februar '98 hatte es insgesamt 245 Stunden und 36 Minuten Flug durchgeführt. Das Luftfahrzeug hatte am 3. Februar '98 bereits einen Flug von 9,30 Uhr bis 12,20 Uhr im operativen Raum (Bosnien) durchgeführt. Bei der Landung hatte der Pilot eine Funktionsstörung festgestellt, da das «Cockpit G Meter», der Kabinenmesser der Fallbeschleunigungen, die oberen und die unteren Werte nicht registriert hatte. Das Gerät wurde durch ein neues ersetzt, das am Boden kontrolliert wurde und perfekt funktionierend war. Alle Operationen vor dem Rollen fanden statt, ohne dass die Besatzung irgendwelche Betriebsmängel oder Missstände der Bordgeräte feststellte.
Die Mission wurde in den Tagesplan (PVG) vom 31o FW des 2. Februar für den nächsten Tag eingetragen. Sie wurde um 21,57 Uhr vom COA/COM von Martina Franca genehmigt, mit entsprechendem ASMIX, das die Durchführung eines AVO47 benannten Standard-Tiefflugs vorsah, mit Angabe der mit den entsprechenden relativen Höhewerten (AGL) bezifferten Abtragspunkte, der Geschwindigkeit und der Route: erste Strecke Aviano-Ampezzo, 500 Fuss, 480 Knoten, 011( Bug; zweite Strecke Ampezzo-Brunico, 500 Fuss, 480 Knoten, 300( Bug; dritte Strecke Brunico-Ponte di Legno, 500 Fuss, 480 Knoten, 240( Bug; vierte Strecke Ponte di Legno - Casalmaggiore, 2000 Fuss, 480 Knoten, 184( Bug; fünfte Strecke Casalmaggiore - Gardasee, 2000 Fuss, 480 Knoten, 025( Bug; sechste Strecke Gardasee - Riva del Garda, 2000 Fuss, 480 Knoten, 015( Bug; siebte Strecke Riva del Garda - Marmolada, 2000 Fuss, 480 Knoten, 051( Bug; achte Strecke Marmolada - Aviano, 2/3000 Fuss, 350 Knoten, 128( Bug.
Der Abflug war für 13,30 Greenwich-Uhr vorgesehen und die Rückkehr nach ungefähr 90 Minuten Flug, der Abschluss der Teilmission in BBQ für 14,20 Uhr vorgesehen, mit Fortsetzung des Fluges zur Rückkehr nach den Regeln des Instrumentenfluges und Landung in Aviano um 15,00 Uhr. Die Strecke war in der Richtlinie SOP ADD-8 enthalten. Der einzige Unterschied im Vergleich zu der ursprünglichen, in der SOP ADD-8 enthaltenen Standardstrecke war der auf der verfügbaren (dann an Bord des Luftfahrzeuges wiedergefundenen) Flugkarte bezeichnete Bug, der in der Strecke Riva del Garda - Marmolada sich von 049( anstatt von 051( erwies.
Am 3. Februar 1998 war die Wetterlage in der dem Flug entsprechenden Zone besonders günstig für den Tiefflug: Sichtweite 7 statutarische Meilen (11 Kilometer), leicht bewölkt bei 22.000 Fuss, Wind von 190( her Stärke 4 kts, Temperatur 5(. Es ist zu bemerken, dass die Besatzung in Val di Fiemme, aufgrund der Durchführungszeit und der Flugrichtung, die Sonne im Rücken hatte.

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Nach dem Briefing, um 13,12',30" des 3. Februar hatte der Kontrollturm von Aviano den Antrieb autorisiert. Nach ungefähr zwanzig Minuten hatte sich «EASY 01» für abflugbereit erklärt. Das Luftfahrzeug startete um 13,35',50", mit einer Verspätung von ungefähr sechs Minuten im Vergleich zu dem Plan. Die Radiomeldungen mit Aviano endeten um 13,37', mit der der Mission «EASY 01» erlassenen Autorisation, sich mit dem Verkehrskontrollamt von Padua in Kontakt zu setzen. Aufgrund der konkreten Unmöglichkeit, die Tiefflüge in Bergzonen unter positiver Radar-Kontrolle zu halten, ist es erst nach den durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen möglich gewesen, drei Phasen der Route zu bestimmen, während deren offensichtliche Verletzungen der die Tiefflüge betreffenden Regelungen begangen wurden. Kurz gesagt: in der ersten Phase, von Aviano bis Ponte di Legno, wurde weder die Höhe noch die Geschwindigkeit noch, manchmal, der Bug eingehalten; in der zweiten Strecke, wurde der Flug über der Po-Ebene, die bekanntlich stark bevölkert ist und zahlreiche Wohneinsiedlungen enthält, streckenweise zu niedrigeren als die autorisierten Höhen durchgeführt und sogar bis hundert Meter Höhe; die dritte Phase, zwischen dem Beginn der Val di Fiemme, vom See Stramentizzo bis zum Cermis, dauerte nicht länger als eine Minute. Das Flugzeug war in Val di Fiemme mit einer Höhe zwischen 260 und 300 Meter eingeflogen, flog aber immer tiefer weiter, bis ungefähr 110 Meter im Aufprallspunkt, mit einer Geschwindigkeit, die in der letzten Strecke bis zur Seilbahn sogar die 540 Knoten erreichte. Darüber hinaus betrug in der Strecke Riva del Garda - Unglücksort die Abweichung von der vom Flugplan vorgesehenen Route 8 Meilen, offensichtlich weit über der zulässigen Toleranz (5 Meilen), da der Pilot dem Verlauf der Tallandschaft anstatt der darüber vorgesehenen Route nachgeflogen ist.
Um 14,13 Uhr vom 3. Februar 1998 hatte das Luftfahrzeug das Tragseil und das Ballast-Zugseil der Seilbahn des Cermis angeprallt und abgerissen, vermutlich bei der Wende nach links, mit einer Flugbahn nach unten. Die Talfahrt-Kabine befand sich ungefähr 300 Meter vor der Talstation. Der Aufprallspunkt wurde auf ungefähr 40/50 meter von der Kabine berechnet, unterhalb derselben. Die Kabine stürzte auf den Boden hinunter, schlug zuerst gegen den Gebirgskamm, dann drehte sie sich und stürzte um.
Es starben: die Italiener Marcello Vanzo, aus Cavalese (Trient), Führer der Talfahrtkabine, 57 Jahre, Edeltrand Zanon, geboren in Innsbruck, 56 Jahre, wohnhaft in Brixen und Maria Steiner, 61 Jahre, aus Brixen; die Polen Ewa Strzelczyk, 38 Jahre, und deren Sohn Filip, 13 Jahre, aus Gliwice; die Belgier Rosemarie Ian Paul Eyskens, 25 Jahre, aus Kalmthout, Sebastian Van den Heede, 27 Jahre aus Brugge, Hadewich Anthonissen, 25 Jahre aus Vechelderzande, Stefaan Vermander, 28 Jahre aus Assebroek, Stefan Bekaert, 38 Jahre aus Leuven; die Holländerin Ada Jannetje Elena Groenleer, 21 Jahre aus Apeldoorn; der Österreicher Anton Voglsang, 38 Jahre aus Wien; die Deutschen Sonja Weinhofer, 24 Jahre, geboren in München und wohnhaft in Wien, Annelie Wessig, 41 Jahre, Harald Urban, 41 Jahre, Michael Poetschke, 24 Jahre, Dieter Frank Blumenfeld, 47 Jahre, Egon

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Uwe Renkewitz, 47 Jahre, Marina Mandy Renkewitz, 24 Jahre, alle wohnhaft in Burgstadt und Juergen Wunderlich, 44 Jahre aus Hartmannsdorf. Der Führer der Bergfahrt-Kabine, Marino Costa, der fünfzig Minuten bis zum Eintreffen der Rettungsdienste frei in der Luft hing, erlitt schwere psychische Schäden und blieb verhindert, ein normales Leben zu führen.
Nach dem Aufprall war das Flugzeug zur Flughöhe gestiegen und setzte den Flug im Notstand fort. Die Kollision hatte nämlich Schäden an der Struktur des rechten Halbflügels und an der oberen Seite der Höhenflosse verursacht. Auch das POD erwies sich als schwer beschädigt. Die Mission «EASY 01» hatte um 14,18',10" Uhr, zehn Seemailen westlich des Feldes, auf der Radiallinie 245( die Radiomeldungen mit dem Turm Aviano wiederaufgenommen, hatte den Notstand gemeldet und war um 14,26',40" Uhr durch die erste Anhaltssperre gelandet. Die Besatzung hatte die Motoren ausgeschaltet und hatte das schnelle Verlassen des Flugzeuges vollzogen. Dabei hatte Hptm.Raney die Fessel gebrochen (Prognose dreissig Tage). Hptm.Ashby und Hptm.Schweitzer hatten das Flugzeug als letzte verlassen.

1.3 Die Reaktionen des Parlaments, der Regierung und der Lokalbehörden

Schon vor dem Unglück, am 25 Juni 1997, hatten der Abgeordnete Olivieri und andere die Anfrage Nr. 4/11163 eingereicht, womit sie den Tiefflug in den Tälern des Trentino von Militär-Luftfahrzeugen signalisierten: das Phänomen erregte bei der Bevölkerung tiefe Unruhe und hatte den Eingriff der Lokalbehörden bei den Militär-Befehlshabern bewirkt, sogar mit Antrag auf Eingriff des Verteidigungsministers. Gleich in den ersten Tagen nach dem Unglück hatte die Ermittlungstätigkeit des Parlaments so zahlreiche Interventionen von allen politischen Kräften wahrgenommen, dass man sie in diesem zusammenfassenden Bericht nicht einfügen kann. Ihre Qualität, die Schärfe des Ihnalts und die Teilnahme der gesamten italienischen Politik an dem am 3. Februar 1998 in Cavalese geschehenen Drama haben zahlreiche Erklärungen von den Regierungen ab 1998 bewirkt. Es handelte sich um Beantwortungen auf Anfragen und auf Interpellationen, die nicht immer von den Ersuchenden gebilligt wurden, jedoch als Stellungnahmen des Regierungschefs, der Minister und der Vice-Minister bleiben, angefangen von der ersten Mitteilung, die am 5. Februar 1998 an die vereinigten Verteidigungs-Auschüsse der zwei Kammern vom derzeitigen Verteidigungs-Minister On. Beniamino Andreatta abgegeben wurde.
Minister Andreatta erklärte am Anfang seiner Rede: «es hätte keine Gefahr bestanden, wenn das Luftfahrzeug die Normen eingehalten hätte, deren Beachtung pflichtverbindlich war und die den Verantwortlichen der alliierten Luftkraft in Aviano ordnungsgemäss mitgeteilt worden waren» und dementierte das Bestehen irgendwelcher Havarie an Bord des EA-6B vor dem Aufprall auf die Seilbahn. Der Verteidigungs-Minister kündigte dann die Absicht an, eine Arbeitsgruppe


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zu errichten, die in Zusammenarbeit mit den Ministerien der Transporte, des Inneren, des Finanzwesens und der Justiz ein entsprechendes Schema eines Gesetzentwurfes abfassen sollten, zur Garantie des Zusammenlebens von Flugoperationen und Schutz der Bevölkerung vor dem Lärm. Insbesondere hat Minister Andreatta auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, «einer Einteilung des italienischen Landes in Zonen, in denen Flüge an minimalen variablen Höhen durchgeführt werden, entsprechend der Bevölkerungsdichte; der allgemeinen Verringerung der Tiefflüge, entsprechend dem progressiven Einsatz der Laser-Waffen und der neuen Flugtaktiken; der Verlegung auf das Meer oder ins Ausland von einem grossen Teil der lärmendsten Flugtätigkeit; der fortgehenden und engmaschigen aufmerksamkeitserweckenden Tätigkeit beim Flug-Personal der Abteilungen; des Verzichtes auf wichtige, aber nicht unbedingt nötige, Ausbildungsformen zur Ausbildung des Flug-Personals (zum Beispiel Verzicht auf die meisten Nacht- und Sommer-Ausbildungsflüge)» Derselbe Minister erinnerte auch daran, dass sowohl der Staatssekretär der USA-Marine als auch der Verteidigungs-Minister Cohen «den stärksten Einsatz» versprachen « zur schnellen und energischen Ursachen-Feststellung sowie zur entsprechenden Ergreifung der wirksamsten Massnahmen» und bestätigten, dass die Vereinigten Staaten sofort die Tiefflüge der in Italien wiedereingesetzten Abteilungen unterbrochen haben. Minister Andreatta hat auch «weitere Herabsetzungen der Tiefflug-Ausbildungstätigkeit sämtlicher auf dem nationalen Territorium wechselnd wiedereingesetzten alliierten Stützpunkte» angekündigt. «Dies ist nämlich durch die ausdrückliche Einfügung in die Abkommen mit den alliierten Ländern möglich, dass die einzige zulässige Tiefflugtätigkeit die fortgeschrittene ist (unter Ausschluss der Erhaltungsausbildung der Grundfähigkeiten), die die Missionen in Bosnien bezweckt». Minister Andreatta kündigte auch an, verfügt zu haben, dass «die Streitkräfte ihre Fach-Leistungen bezüglich Aus- und Fortbildung entsprechender Personaleinheiten fördern, die vom Flugpersonal und vom dem zur direkten Unterstützung der Flugtätigkeiten eingesetzten Dienstpersonal in allen Ausbildungsphasen besucht werden soll».
Was die NATO anbetrifft, soll man keineswegs die Entfernung aus unserem Land der alliierten Kräfte anrufen, denn «wir würden dadurch unsere Verteidigung und unsere Sicherheit renationalisieren, mit allen damit verbundenen katastrophalen politischen und wirtschaftlichen Folgen». Die Intervention des Ministers erwähnte schliesslich die Absichten der USA, eine erste sofortige Liquidierung der Schäden zu unternehmen, durch Unterstützung der Regierung, mit der Bestätigung der Gerichtsbarkeit des Zugehörigkeitslandes der Besatzung des Flugzeuges, die das Unglück verursachte und mit der Betrachtung, dass «die Renationalisierung der Sicherheitspolitik tiefe Revisionen und starken Einsatz seitens des italienischen Staates erfordern würde, bezüglich der Dimensionen und der Ausrüstung seines militärischen Modells und würde zu einer tiefen Schwächung der nationalen Sicherheit führen, in einer Phase der im südlichen Teil Europas konzentrierten Risiken».

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Wenige Tage später, am 11 Februar 1998, hat Minister Andreatta angekündigt, die Vorkehrmassnahme getroffen zu haben «die Mindesthöhe der Tiefflüge zu verdoppeln, von 500-750 Fuss auf 2000 Fuss, für den gesamten Alpenbogen, von 500 auf 1000 Fuss auf der gesamten Po-Ebene und dem Appenninenbogen, einschliesslich Inseln, unter Beibehaltung der Mindesthöhe bei Überflug jedweder bevölkerten Zone von 1500 Fuss. In den taktischen Zonen wurde die Mindesthöhe von 250 auf 500 Fuss gebracht». [...] «Aufgrund meiner Verfügung »setzte Minister Andreatta fort «hat der Generalstab der Luftwaffe ein Formular abgefasst, für die Anzeige von Bürgern, Lokalbehörden und Polizeikräften bezüglich Flügen, die mit zu tiefen Flughöhen und jedenfalls in Verletzung der geltenden Normen durchgeführt würden». Bei dieser Gelegenheit hat der Minister auch das Thema des Schadensersatzes für die von den Einwohnern von Val di Fiemme erlittenen Schäden erläutert: «Das Verteidigungs-Ministerium wird seine Fachexperten ernennen, die durch direkte Kontakte mit den Lokalbehörden die möglichen Eingreifensformen prüfen werden. Dies parallel mit den bereits laufenden Initiativen von einem USA-Beauftragten, mit dem eine Verbindung selbstverständlich demnächst vorgenommen wird». Immer im Namen des Verteidigungs-Ministeriums hat der Vice-Minister On. Gianni Rivera am 31 März 1998 die laufenden Kontakte mit den Vereinigten Staaten für den Schadensersatz an die lokale Gemeinschaft bestätigt und sodann erinnert, dass «derselbe Präsident Clinton in einer öffentlichen Erklärung gesagt hat, man werde in kurzen Zeiten zur Rechtssprechung kommen. Augrund der von den amerikanischen Behörden bewiesenen Bereitschaft und aufgrund der dem Präsidenten anzuerkennenden politischen Valenz hat man es nicht für erforderlich gehalten, an die amerikanische Regierung formelle Protestnoten einzureichen».
Die Ermittlungstätigkeit hatte nicht nur das Verteidigungs-Ministerium, sondern auch das Justiz-Ministerium zur Mitarbeit veranlasst. Am 19 Februar 1998 hat der ehemalige Justiz-Minister Giovanni Maria Flick, bezüglich der Gerichtsbarkeits-Fragen, unterstrichen, dass, nach Anhörung des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungs-Ministeriums, «es unwichtig ist, zum Zweck der Bestimmung des anwendbaren Rechtes bezüglich der Gerichtsbarkeit, ob der im Unglück verwickelte Ausbildungsflug nationalen amerikanischen Charakter oder NATO-Charakter hatte» Das Argument wurde in dem Zusammentreffen der Aussschüsse II (Justiz) und III (Auswärtiges) des Abgeordnetenhauses vom 30. April 1998 vertieft, mit Anwesenheit des Vice-Ministers der Justiz On. Franco Corleone. Der Vice-Minister intervenierte in der Diskussion über den am 1. April 1998 von On. Luigi Olivieri und anderen vorgelegten Beschluss Nr. 7/00465, in Bezug auf die Möglichkeit, die Verantwortlichen der Tragödie wegen des Verbrechens nach Art. 423 ital. StGB - ital. Strafgesetzbuch - (fahrlässige Transportgefährdung) anzuklagen, wobei ein solches Verbrechen von dem USA-Strafgesetzbuch nicht vorgesehen ist, und in Bezug auf die Hypothese der doppelten Anklage-Möglichkeit. Der Vice-Minister erläuterte, dass «es nicht erforderlich ist, dass der Tatbestand das gleiche Verbrechen im Bereich der respektiven Gesetzordnungen begründet:

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es genügt, dass er jedenfalls ein Verbrechen für beide Gesetzordnungen begründet». Das vorausgesetzt, «mit der Entscheidung, auf die Gerichtsbarkeit für die vier Militärs nicht zu verzichten - für die dagegen die italienische Regierung von den USA den Verzicht auf das Prioritätsrecht erfordete - hat sich in Wirklichkeit der von dem Londoner Abkommen vorgesehene Regelungs-Mechanismus vervollständigt, der die konkurrierende Gerichtsbarkeit abweist und die ausscchliessliche Gerichtsbarkeit des Herkunft-Staates anerkennt. Der Aufenthalts-Staat hatte nämlich, indem er um den Verzicht ersuchte, implicite die Gerichtsbarkeit des Herkunfts-Staates für das in Italien geschehene Ereignis anerkannt, sodass er heute keine weitere Initiative unternehmen kann (ausgenommen, zum Beispiel, dass es sich ergäbe, dass die Straftat nicht in der Diensttätigkeit des Militärs einbezogen war oder dass es sich nicht um ein Mitglied der Streitkräfte handelte), die seine prioritäre Gerichtsbarkeit wieder bestätigen sollte.».
Das waren die ersten offiziellen Interventionen wenige Tage nach dem Geschehnis. Ein anderes Ereignis, der Freispruch von Hptm.Ashby, hat später die Tätigkeit des Parlaments angeregt. Die Antwort kam von dem Regierungschef On. Massimo D'Alema am 10 März 1999. In seiner Rede wurden auch die amerikanischen Reaktionen erwähnt.
Präsident D'Alema erinnerte daran, dass die technische amerikanische Ermittlung ausdrücklich von einem Fehler der Besatzung gesprochen hat: genau gesagt, von einem «agressiven» Flugverhalten, mit der entsprechenden Verletzung der vorgesehenen Regeln und Verfahren. Man kann also nicht - und fast niemand hat es eigentlich gewagt - von einem unvorhersehbaren Zufall sprechen und somit das Bestehen von ganz bestimmten Verantwortlichkeiten abstreiten. Der Ministerratspräsident hat direkt den Inhalt der mit Präsident Bill Clinton unterhaltenen Gespräche in Betracht gezogen: «Ich habe die Aufrichtigkeit des Präsidenten der Vereinigten Staaten besonders geschätzt, womit er die Verantwortlichkeit seines Landes in diesem Geschehnis anerkannt hat. Es waren wichtige Worte, die den Dialog und das Ersuchen noch direkter und klarer geprägt haben, nach einer Lösung der nach dem tragischen Unfall aufgetauchten Probleme. Meinerseits habe ich die Begründungen einer tiefen Enttäuschung ausgedrückt, für die sich ergebene Situation sowie für die Schwierigkeiten, die die Verfolgung der Verantwortlichkeiten zu finden scheint. Ich habe desgleichen nicht schweigen wollen, über die Tatsache, dass jede gerechte und plichtgemässe Schadensersatz-Aktion in keinem Fall die Erforschung nach den tatsächlichen Ursachen einer solchen Tragödie und nach der eventuellen Schulden oder Unterlassungen, die sie verursachten, erschöpfen oder verlangsamen darf. Unser Respekt gegenüber der amerikanischen Gerichtsbarkeit ist hier selbstverständlich nicht in Frage. Es ist die Stellung einer politischen Behörde gegenüber der Richterschaft jeder Demokratie. Wir verbleiben also in der Erwartung der Ergebnisse der laufenden Gerichtsverfahren; eines darunter, gegen den selben Pilot, geht von der Anklage aus, den Ablauf der Ermittlungen erschwert zu haben; wir sind uns darüber bewusst, dass jedenfalls die vollständige Ermittlung der Tatbestände und die Verfolgung der Verantwortlichkeiten nicht ausschliesslich von den

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aktuell laufenden Gerichtsverfahren abhängen können. Es ist nämlich klar, dass der Freispruch des Piloten des Flugzeuges nur dazu bringt, die Ebene der Haftung zu verlagern. Festgesetzt, dass das Unglück nicht von einem schrecklichen Zufall verursacht wurde, sondern von einem Zusammenspiel von menschlichen Fehlern abhing, ist es klar, dass der Freispruch des Offiziers, der sich physisch am Steuerwerk des Flugzeuges befand, auf andere Haftungen hinweist. Ich habe im Laufe des Kolloquiums mit Präsident Clinton das unverzichtbare Erfordernis unterstrichen, dass eventuelle höhere als die bisher ermittelten Haftungen prompt festgestellt werden, in ihrer vollen Gänze, auch in Folge der definitiven Ergebnisse der in den Vereinigten Staaten laufenden Strafverfahren. Die überzeugte Zustimmung des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu diesem von uns geäusserten Begehren bedeutet, dass unsere zwei Regierungen sich darüber einig sind, dass die Haftungen der Tragödie vollständig ermittelt werden sollen, ohne jedwede Dunkelstelle. Dies entspricht unserem nationalen Interesse und auch jener Loyalität- und Zusammenarbeits- Gesinnung, die unter alliierten Ländern unerlässlich und der Grundsatz derselben Atlantischen Allianz ist. Aus diesen Gründen möchte ich nicht das Urteil des Militärgerichts der Vereinigten Staaten kommentieren, das am letzten 4. März den Piloten des Luftfahrzeuges von allen Anklagen freigesprochen hat. Desgleichen erwartete ich von Präsident Clinton nicht, dass er im Laufe unseres offiziellen Treffens in Washington eine andere Stellung gegenüber der militärischen Richterschaft seines Landes einnehmen würde. Ich möchte auch bei dieser Gelegenheit einfach wiederholen, dass jenes Urteil für viele und auch für mich ein verwirrendes Ereignis war. Und nicht weil viele auf der Suche nach einem Sündenbock sind. Darum handelte es sich nicht. Die Verwirrung entstand daraus, dass nach jenem Urteil - das zur guten Erinnerung nach dem geltenden Recht in jenem Land endgültig und nicht begründet ist - die Besorgnis tiefer geworden ist darüber, dass die Wahrheit über das Cermis-Unglück sich weiter entfernen und verdunkeln könnte. Nach jenem Urteil ist also die Befürchtung in einem Teil der öffentlichen Meinung, nicht nur in Italien, sondern auch in den Vereinigten Staaten, dass die Möglichkeit, volles Licht über das Geschehnis zu erreichen, sich vermindern könnte und - was schlimmer ist - dass der Wille erschwächt, der Sache auf den Grund zu gehen und alle Aspekte des Unglücks zu entschleiern: Ursachen, Haftungen, eventuell verwickelte Befehlsebenen. Unsere Aufgabe ist es, auf diese Besorgnis Antwort zu geben».
Präsident D'Alema hat dann die Entscheidung der Regierung angekündigt, wenigstens zum Teil dem Dokument bezüglich des BIA-Abkommens die Geheimhaltung zu nehmen und das Memorandum von 1995 zu veröffentlichen, sowie den Willen, das Problem der Sicherheit der Flüge im Einvernehmen mit den Vereinigten Staaten anzugehen, mit der Errichtung der Kommission Tricarico-Prueher. «Die Regierung hat beschlossen, nach den Ersuchen der Militäranwaltschaft Padua, die über die eventuellen Haftungen der italienischen Befehlsgewalt des Stützpunktes ermittelt, und der Staatsanwaltschaft Trient, den Text des bilateralen Rahmen-Abkommens zwischen Italien und

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den Vereinigten Staaten vom 20. Oktober 1954 anzugehen, diese Dokumenmte zur Verfügung jener Justizbehörde zu stellen. Es handelt sich um das Abkommen, bis jetzt unter Geheimhaltung, das, auch durch die späteren Ergänzungen, die Benutzung seitens der USA-Streitkräfte der ihnen auf unserem Land zugelassenen Infrastrukturen geregelt hat. Wir werden nicht nur keine Geheimhaltung entgegensetzen, sondern werden diese Dokumenmte zur Verfügung der Justizbehörden stellen. Es ist tatsächlich die gemeinsame Verpflichtung, die besonderen Vereinbarungen zwischen Italien und den Vereinigten Staaten an den heutigen Stand anzupassen, in Bezug auf die operativen Aspekte der sich auf unserem Land befindenden Stützpunkte. Eine solche Anpassung wurde ausserdem bereits in Gang gesetzt, durch das Vereinbarungs-Memorandum («Shell agreement» benannt), das im Februar 1995 von den Verteidigungs-Ministern von Italien und den Vereinigten Staaten unterzeichnet wurde und das neue Regelungen und Verbindlichkeiten für jeden einzelnen sich im unserem Land befindlichen Stützpunkt einsetzte. Dieses Dokument, bis heute unter Geheimhaltung bewahrt, hat die Regierung entschieden, zur Verfügung des Parlaments zu stellen, und zwar der Ausschüsse der Verteidigung des Parlaments, damit sie davon volle Kenntnis nehmen können». Und er schloss dann mit genauen Anweisungen über die NATO-Abkommen vom 1995: «In diesem Rahmen wird es erforderlich sein, eine Überlegung innerhalb der Allianz über die Art und Weise der heutigen Anwendung der Abkommen von 1951 vorzunehmen. Ich habe festgestellt, dass auch das Europäische Parlament sich in dieser Richtung in einem gerade heute verabschiedeten Dokument ausgedrückt hat. Es ist nämlich äusserst klar, dass es möglich ist, unter Beibehaltung der Gerichtsbarkeits-Grundsätze in ihrer Formulierung innerhalb jener Abkommen, dass man in erster Linie ihre praktische Anwendung nur in Ausnahmefällen verlangt; in zweiter Linie dass, im Fall, dass die Gerichtsbarkeit vom Absender-Land wahrgenommen wird, dem Land, in dem sich das Geschehnis ereignet hat, bestimmte Garantien gewähleistet werden, wie zum Beispiel die Garantie der Einlassung in den Prozess. Ich möchte noch hinzu fügen, dass es völlig klar ist, dass - wenn am Ende der in den Vereinigten Staaten laufenden Verfahren die Haftungen der Tragödie von Cavalese nicht festgestellt werden sollten - (und das habe ich President Clinton absolut klar gesagt und in den letzten Stunden auch dem General-Sekretär der NATO, der mich angerufen hat, um mir seine Solidarität auszudrücken) sich die Notwendigkeit verschärfen würde, nicht nur einer Diskussion über die Anwendungsform jener Abkommen, sondern auch einer Anpassung und einer Erneuerung derselben Abkommen vorzunehmen, da ihre Unangemessenheit klar aufscheinen würde».
Am 12 März 1999 intervenierte der Vice-Präsident des Ministerrates, On. Sergio Mattarella, der erneut die Erklärungen des Regierungschefs bestätigte und die Rolle von der NATO und von Italien innerhalb der Allianz erläuterte. «Die NATO ist, vermutlich, die internationale Einrichtung, die nach dem kalten Krieg mit der grössten Bereitschaft ihre Zielsetzungen und ihre Instrumente an den neuen internationalen Zusammenhang angepasst hat und eine Schlüsselrolle

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gespielt hat, um die neuen Risiken für den Frieden und die Sicherheit im europäischen Kontinent zu bewältigen. Italien, muss man wohl unterstreichen, hat keineswegs dieser Umwandlung unterstanden, sondern hat im Gegenteil diesbezüglich eine erhebliche Rolle gespielt: es hat unter anderem zu den von der Allianz geförderten Friedensmissionen tiefgreifend beigetragen. Im Rahmen der NATO ist ausserdem an der Tagesordnung, wie bereits bekannt, der Aufbau einer starken europäischen Identität innerhalb der Allianz, zum Zweck der gleichzeitigen Wahrnehmung einer tieferen politischen und militärischen Integration und einer höheren Verantwortungs-Übernahme seitens der europäischen Länder. Die Identifikation der NATO als ein Ausdruck der amerikanischen Übermacht erweist sich, auch unter diesem Gesichtspunkt, als äusserst anakronistisch».
Die Arbeit unserer Kommission hat dann zu anderen wichtigen Stellungnahmen seitens der Regierung geführt. In der Anhörung vom 1. März 2000 hat der Vice-Minister bei der Minister-Präsidenz Dr. Marco Minniti erklärt: «Ich denke - darüber liegt eine konkrete und direkte Initiative der italienischen Regierung vor - , dass jene Abkommen (d.h. das Londoner Abkommen von 1951 und das BIA vom 1954) abgeändert werden müssen, vor allem in einem Punkt, und zwar bezüglich der Verfolgbarkeit, auch auf einem Territorium, auf dem man konkret tätig ist, wegen offensichtlicher, klarer und unbegründeter Normen-Verletzungen». Und er setzte fort: « Die Revision des Londoner Abkommens von 1951 »kann« - und ich sage es zwischen Anführungszeichen - unserem Wahrheitsbedürfnis eine Antwort geben, aber muss achtungsvoll bewertet werden, um den italienischen in NATO-Operationen engagierten Militärs keine Schwierigkeiten zu bereiten». Vice-Minister Minniti hat ausserdem unterstrichen, dass «es auch einen der Leitung der einzelnen Stützpunkte bezüglichen Teil gibt, der eine Zusatznote über die Besonderheit jedes einzelnen Stützpunktes braucht» und erinnerte an «den bedeutenden aktuellen Fortschritt zum Übergang von den als geheim klassifizierten Ordnungen zu Ordnungen, die wir wünschen, dass sie so weit wie möglich deklassifiziert werden, hauptsächlich in Bezug auf die Verhältnisse zwischen dem Stützpunkt und der Umgebung».
Es soll hier schliesslich die Beantwortung erwähnt werden, die am 26. Januar 2000 an die am 25. Februar 1999 von Sen. Giovanni Russo Spena der Gemischten-Rifondazione Comunista-Fraktion eingereichte mündliche Anfrage vom Verteidigungs-Vice-Minister On. Paolo Guerrini abgegeben wurde. Dieser bat den Anfragenden, den Ausspruch der Enquete-Kommission über die Haftungen bezüglich des Cermis-Unglücks abzuwarten, um eine befriedigendere Antwort auf seine Anfragen zu erzielen (der Senator wiederholte in seiner Anfrage die Zeugenerklärung von Oberst Luigi Stracciari vor dem Militärgericht Padua, wo dieser nach seiner Ernennung als Oberhaupt der italienischen Komponente des Stützpunktes Aviano behauptet hatte, dass das italienische Militärpersonal in Aviano wenig qualifiziert und knapp war, um die PVG kontrollieren zu können) und erwähnt, dass die Verteidigungsverwaltung schon seit langem die Erweiterung des für die Kontrolle des Luftverkehrs des Stützpunktes zuständigen Personals

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vorgesehen hatte. Die massive Flucht des Personals mit der erforderlichen Berufsbefähigung (CTA, Controllo Traffico Aereo) hatte verhindert, den Bestanderfordernissen nachzukommen, auch wenn «ab 19. Mai 1999, am Ende der vorgesehenen Fortbildungskurse, drei neue für die Kontrolle des Luftverkehrs habilitierte Unteroffiziere dem Stützpunkt Aviano zugeteilt wurden. Eine weitere Steigerung - erläuterte On. Guerrini - ist im Laufe dieses Jahres vorgesehen, sowohl durch Überprüfung der Personalzuwendungen des Amtes im spezifischen Gebiet, als auch durch Zuschreibung an den Stützpunkt von weiteren zwei Einheiten der gleichen Kategorie».
Parallel zu der Tätigkeit der zwei Kammern des Parlaments und der Regierung hat das Cermis-Unglück mehrere Interventionen der Lokalbehörden bewirkt, insbesondere derjenigen des Trentino.
Wenige Stunden nach dem Unglück begaben sich der Präsident der Autonomen Provinz Trient Carlo Andreotti und der Assessor für Zivilschutz Giampiero Vecli nach Cavalese. In Anwesenheit der Minister Andreatta und Flick und des Provinzausschusses fand am 4. Februar '98 die erste Gegenüberstellung mit dem damaligen Regierungschef Romano Prodi statt. Die Autonome Provinz Trient trat zuerst als verletzte Partei bei, dann erhob sie am 13. Juli 1998 Nebenklage in der von der Staatsanwaltschaft Trient eingeleiteten Ermittlung. Im Bereich des Verfahrens, und insbesondere des Beweisverfahrens bezüglich des Gutachtens über die Anlage und über die Tragseile, ernannte sie einen eigenen Partei-Sachverständigen. Die Provinz, die Gemeinde Cavalese und die Privatfirma Funivie Alpe Cermis SpA, die die Anlage verwaltet, haben den Schadensersatz nach dem Londoner Abkommen beantragt.
Am 5. Februar '98 hat der Chef der trentiner Executive die Conferenz der Regionen in Rom aufgefordert, für das Ersuchen selbst einzutreten, dass der italienischen Justiz die Ermittlung nicht genommen wird. Am 27. März '98 hat die Provinz entschieden, auch den Aussenminister Lamberto Dini in Anspruch zu nehmen. Am 22. April '98 wurden Präsident Andreotti und der Assessor für den Tourismus Francesco Moser von der Amerikanischen Botschaft empfangen: der Botschafter Thomas Foglietta wiederholte, dass die amerikanische Justiz schnell und streng handeln würde und bestätigte die höchste Bereitschaft jeden Niveaus in den Vereinigten Staaten. Am 26. Mai '98 hat Ministerratspräsident Romano Prodi ein Treffen mit dem Assessor Moser gehabt und wiederholte, dass «Clinton der italienischen Regierung versicherte, dass die Amerikaner ihren Teil bis zum Letzten machen werden». In den ersten Tagendes Monats Juni begaben sich Präsident Andreotti und Assessor Vecli nach Washington für drei Gegenüberstellungen: beim Pentagon, beim State Department und bei der italienischen Botschaft.
Am 8. Juni 1998 hat eine Presse-Meldung des Verteidigungsministeriums erläutert, dass « in einem neulich stattgefundenen Treffen des Pentagons mit dem amerikanischen Botschafter in Italien Thomas Foglietta, der Verteidigungs-Staatssekretär William Cohen die Verpflichtung bestätigt hat, dass die Vereinigten Staaten schnell den

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Schadensersatz leisten werden, für 75% der aus dem tragischen Unfall vom 3. Februar in Cavalese entstandenen Schäden, gemäss der NATO-Vereinbarung (Londoner Abkommen).
Botschafter Foglietta hat diese Verpflichtung in einem Treffen vom 4. Juni mit Ministerratspräsident Prodi und Verteidigungsminister Andreatta erläutert, in dem die Offiziere beider Regierungen die Anstrengungen wiederholt in Betracht genommen haben, um denjenigen zu helfen, die ihre Angehörigen im Unglück verloren haben [...]. Sie haben auch die Möglichkeit geprüft, dem betroffenen Landgebiet im Wiederaufbau und in der Beseitigung der Unfallsfolgen beizustehen. Sie stimmten dabei überein, dass die Regierungen von den Vereinigten Staaten und von Italien weiter zusammenarbeiten sollen und alles mögliche tun, zur Hilfe an die Familien der Opfer [...]. Die Regierungen von Italien und von den Vereinigten Staaten bewundern die Anstrengung der Regierung und der Autonomen Provinz Trient, Vorschüsse für den Wiederaufbau zu leisten und die entsprechenden Genehmigungen zu erleichtern. Die Italienische Regierung wird die erforderten Genehmigungen gewähren. Veteran-Offiziere des amerikanischen State Department und der Verteidigung haben mehrfach nützlichen Meinungsaustausch mit dem Präsidenten der Autonomen Provinz Trient während des Besuches vom 3./5. Juni in Washington gehabt. Der Botschafter der Vereinigten Staaten in Rom und der Konsul des Generalkonsulats der Vereinigten Staaten in Mailand werden als Kontaktpunkte für die privaten amerikanischen Gesellschaften wirken, einschliesslich derjenigen, die für Public Relations und Ingenieurwesen spezialisiert sind, die Beistand zur Wiederherstellung des Tourismus in Cavalese leisten können«.
Am 10. Juni '98 fand eine neue Gegenüberstellung unter den Vorständen des Provinzausschusses, der Behörden von Cavalese und der Gesellschaft Funivie Alpe Cermis SpA statt. Am 9. Juli '98 kam eine amerikanische Delegation, unter der Leitung desselben Botschafters Foglietta und des Abgeordneten Bill Young, Präsident des Bilanzausschusses: bei dieser Gelegenheit haben die Vereinigten Staaten bekannt gegeben, dass der Kongress die Absicht hatte, ausserordentliche Haushaltsmittel in Höhe von zwanzig Millionen USD, ungefähr 40 Milliarden Lire, für die Cermis-Folgen bereitzustellen. Ende Oktober '98 teilte der neue amerikanische Generalkonsul, Frau Ruth Van Heuven, Präsident Andreotti persönlich mit, dass Präsident Clinton den zwanzig Millionen USD ausserordentlicher Haushaltsmittel den Weg freigegeben hatte.

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